26 Jahre und noch kein Like. Schlecht ging es mir deshalb nie. Ich nutze Facebook kaum. Dann kam der Tag, an dem ich überraschend ein vollwertiges Mitglied im Facebook-Verein wurde.
Einer meiner Beiträge wurde „geliked“, von einem Menschen, den ich nicht kenne. Das alleine finde ich schon sehr seltsam. „Wer hat Bambusstangen für meine Bohnen?“ war meine Frage. Ein „Like“ die Antwort. Warum mag es ein mir unbekannter Mensch, dass ich Bambusstangen für meine Bohnen suche?
Mag er nun die Tatsache, dass ich Bohnen anpflanze? Vielleicht ist er Biologe und weis, wie gut Bohnen für die Erde sind. Oder findet er es gut, dass ich Bohnen esse, weil sie gesund sind? Vielleicht hat ihn das auf die Idee gebracht Bohnen zu kochen oder sogar anzupflanzen. Mag er vielleicht auch Bohnen oder braucht Bambusstäbe? Dann könnten wir zusammen welche suchen. Oder findet er es toll, dass ich keine Bambusstäbe habe? Dann wäre er echt gemein.
Dieses Like hat mich sehr verwirrt. Es macht für mich keinen Sinn und ist unpräzise. Ich hätte lieber echte Bambusstangen bekommen als ein unechtes „Like“. Das ist, wie wenn ich plötzlich einen Brief im Briefkasten hätte von einer mir unbekannten Person, die mir auf eine Frage antwortet, die ich nie gestellt habe. Seit diesem Vorfall finde ich Facebook noch komischer.
Als mir am nächsten Tag immer noch keiner Bambusstäbe angeboten wurden, bin ich mit dem Fahrrad durch unsere Stadt gefahren und habe in die Vorgärten geschaut. Bei einem Haus mit Bambus habe ich geklingelt und gefragt, ob ich welchen mitnehmen darf. Kein Problem. Den Daumen hat die nette Frau nicht hoch gestreckt, als ich mit dem Bambus auf dem Gepäckträger Nachhause fuhr. Das fand ich sympathisch. Jetzt steht das Bohnengerüst. Würde ich Facebook mehr nutzen, könnte ich dort ein Foto hochladen. Stattdessen gehe ich jetzt Unkraut harken.